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"Unicat
Am 23 Mai 1884 wurde die katholische Pfarrkirche,
die Pfarrei und Glöcknerei zu Neurode ein
Raub der Flammen. Die Wiederherstellung dieser
Gebäude liegt bei der Unzulänglichkeit des Kirchenvermögens
dem Kirchenpatron Herrn Grafen Wilhelm von Magnis auf
Eckerdorf [sic] und der katholischen Kirchengemeinde Neurode
ab.
Da über die Art und Weise des Baues, sowie über die Höhe der
Beitragspflicht zwischen den genannten Bau-Interessenten
Meinungsverschiedenheiten zu Tage traten, so wurde in
Anbetracht daß der möglichst baldige Beginn des Baues wegen
der unzureichenden Größe der noch vorhandenen Kirchen in
hiesiger Stadt und wegen der Schwierigkeit eines doppelten
Gottesdienstes eine offenbare Nothwendigkeit ist, daß
langwierige und kostspielige Processe vermieden werden, daß
die Einleitung des Interimisticums durch die K[önigliche]
Regierung bei Anwendung des bereits erlangten Gutachtens des
Königl[ichen] Regierungs- und Baurathes Herrn Beyer zu
Breslau noch größere Lasten zur Folge haben könnte, für den
gegenwärtigen Baufall zwischen
dem Kirchenpatronat und der katholischen Kirchengemeinde
Neurode folgende gütliche Vereinbarung
getroffen:
1. der Kirchenpatron Herr Graf Wilhelm von Magnis
auf Eckersdorf überläßt die Bestimmung, Anfertigung
und Ausführung der Bauprojekte für die
katholische Pfarrkirche, Pfarrei und Glöcknerei im Aeußeren
und Inneren den Organen der katholischen
Kirchengemeinde Neurode und legt nur Verwahrung
dagegen ein, daß er, wenn bei dem inneren Ausbau der
Pfarrkirche etwa Luxusbauten ausgeführt werden sollten,
späterhin für Instandhaltung derselben zu persönlichen
Beiträgen herangezogen werde, falls das Kirchenvermögen
hierzu nicht ausreiche. Unter Luxusbauten sollen jene
Inventarienstücke der Pfarrkirche verstanden werden, welche
nach dem Urtheile eines Sachverständigen über das Bedürfniß
hinausgehen resp. in einer Art hergestellt sind, die
gesetzlich von dem Patronat nicht verlangt werden darf." |
18.03.1885 |
Vereinbarung mit dem Patronat
wegen Kirchenneubau, Seite 1 |
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"2. Der Kirchenpatron Herr Graf Wilhelm von
Magnus zahlt für den diesmaligen Bau und Ausbau der
Pfarrkirche, Pfarrei und Glöcknerei zu Neurode eine
Abfindungssumme von 100 000 M[ark] /:Ein
hunderttausend Mark:/, verlangt aber die Zusicherung, daß
aus keinerlei Rechtstitel von irgend einer Seite irgend eine
Mehrforderung für diesen Baufall an ihn gestellt werde.
3. Der Kirchenpatron Herr Graf Wilhelm von Magnis
verlangt, daß zu dem bevorstehenden Bau die
auf seiner Herrschaft Neurode resp. auf einer
seiner anderen benachbarten Besitzungen vorhandenen
Baumaterialien an Holz, Ziegeln und Kalk (excl.
Verblender) gegen den bei Massenlieferungen üblichen
Ortspreis in Anrechnung auf obige Abfindungssumme
von der katholischen Kirchengemeinde Neurode
entnommen werden; verpflichtet sich aber,
die Materialien nach Angabe der Bauprojekte; rechtzeitig,
sodaß der Bau nicht verzögert wird; in guter Qualität und in
möglichster Nähe des Bauortes anzuweisen; willigt auch in
die Bildung eines Schiedsgerichtes, falls
über die Güte des Baumaterials sich Zweifel erheben sollten.
Das Schiedsgericht soll aus zwei Sachverständigen bestehen,
von denen jeder Bauinteressent Einen wählt. Waltete unter
diesen Meinungsverschiedenheit ab, so soll ein Königl[icher]
Regierungs- und Baurath zu Breslau endgültig entscheiden.
4. Die katholische Kirchengemeinde Neurode acceptirt
durch den zeitigen Kirchenvorstand und die
Gemeindevertretung die Vergleichssumme von 100 000
M[ark] /:Ein hunderttausend Mark:/ in dem sie sich
zugleich verpflichtet aus Anlaß des bevorstehenden Baues der
dasigen Pfarrkirche, Pfarrei und Glöcknerei an den Herrn
Grafen Wilhelm von Magnis keine Mehrforderung zu stellen,
und die Garantie übernimmt, daß auch von anderer Seite keine
weiteren Forderungen an Hochdenselben erhoben werden.
5. Die katholische Kirchengemeinde Neurode erklärt sich
bereit, die Baumaterialien an Holz, Ziegeln und Kalk (excl.
Verblender)" |
18.03.1885 |
Vereinbarung mit dem Patronat
wegen Kirchenneubau, Seite 2 |
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"nach Angabe der Bauprojekte von der Herrschaft
Neurode oder von einer anderen der benachbarten Besitzungen
des Herrn Grafen Wilhelm von Magnis zu entnehmen, von der
Ueberzeugung ausgehend, daß nur gute Materialien und zwar
rechtzeitig geliefert werden. Der Preis der Materialien,
welcher, wie an andere Massenabnehmer berechnet wird und
bald festgestellt werden kann, soll auf die Vergleichssumme
in Anrechnung gebracht werden.
6. Die katholische Kirchengemeinde Neurode
verpflichtet
sich, daselbst eine neue Pfarrkirche in würdiger Form und in
der vom Herrn Diöcesan-Baumeister Ebers angegebenen Größe
herzustellen und mit allen zum Gottesdienste erforderlichen
Sachen auszustatten, den Abbruch der Mauerüberreste der
abgebrannten Kirche besorgen zu lassen, daß zum Ne[u]bau erforderliche
Terrain zu erwerben; die Pfarrei und
Glöcknerei unter einem Dache und nach dem Bedürfniß zu
erbauen. Sollten bei dem inneren Ausbau der Pfarrkirche etwa
Luxusbauten nach obiger Erklärung hergestellt werden und
dieselben könnten während ihrer Dauer durch das
Kirchenvermögen nicht im Stande gehalten werden, so
entbindet die Kirchengemeinde den Kirchenpatron von
persönlichen Beiträgen zu deren Instandhaltung.
7. Sollte der Preis der vom Herrn Grafen Wilhelm von Magnis
gelieferten Baumaterialien die Vergleichssumme nicht
erreichen, so verwilligt sich Herr Graf Wilhelm von Magnis
den Rest baar und zwar bei der Uebergabe der fertig
gestellten Gebäude zu Händen des Kirchenvorstandes zu
Neurode zu zahlen.
8. Sollte der Preis der entnommenen Materialien die
Vergleichssumme übersteigen, so erbietet sich die
katholische Kirchengemeinde Neurode, das Mehr am Tage der
Uebergabe der fertig gestellten Gebäude an den Herrn Grafen
Wilhelm von Magnis zu zahlen.
9. Beide Parteien erklären sich zum vollen Inhalte des
vorstehenden Vergleiches durch Siegel und Unterschrift, und
bekennen, daß diese Vereinbarung nur für den gegenwärtigen" |
18.03.1885 |
Vereinbarung mit dem Patronat
wegen Kirchenneubau, Seite 3 |
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"Baufall Giltigkeit habe, wahren sich also alle
ihre Rechte für die Zukunft.
Vorstehende Vereinbarung ist in zwei gleichlautenden
Exemplaren ausgefertigt worden, von denen das
Unicat dem
Herrn Grafen Wilhelm von Magnis auf Eckersdorf, das Duplicat
dem Kirchenvorstande zu Neurode übergeben wird.
Neurode den 18 März 1885.
Der Kirchenvorstand
Die Kirchengemeindevertretung
Eckersdorf den 28. Maerz 1885
Das Kirchenpatronat über Neurode
Vorstehender Vergleich wird hierdurch genehmigt.
Neurode den 28 März 1885.
Fürsterzbischöfliches Vicariat und Decanat Amt der
Grafschaft Glatz
Hoffmann." |
18.03.1885 |
Vereinbarung mit dem Patronat
wegen Kirchenneubau, Seite 4 |
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